Als graphic facilitator begleite ich viele Organisationen bei ihrer digitalen Transformation. Dabei entstehen die essentiellen Bilder die uns die Welt von morgen erklären. Oft braucht es dazu auch starke Metaphern und Symbolik. Ich versuche als Künstler das auszudrücken, was mich in meiner Beratertätigkeit emotionalisiert. Die Ambiguität der Digitalisierung per se hat mich dazu bewogen einen 13teiligen Zyklus zu malen, deren Startpunkt das Acrylbild „Verführung“ darstellt.
Das Bild ist am Cover der Februarausgabe des JUST-Magazins und wird am Jahresende gemeinsam mit den 12 restlichen Werken in einer Ausstellung zu sehen sein.
https://www.just-magazin.com/wp-content/uploads/2020/02/JUST-Innovation-Februar-2019-doppel.pdf
Bildbeschreibung:
Der Star im Bild ist weiblich, es ist „die“ Digitalisierung, – meine EVA. Sie hat die verbotene Frucht aus dem Paradies in der Hand und bietet uns diese verführerisch an. Ihr Blick wirkt leicht benebelt. Als wäre sie abgedriftet in einen berauschten Zustand. Tatsächlich lässt sich die fortschreitende Digitalisierung als segensreiche Verlockung wahrnehmen. Doch mit ihr tauchen auch die Dämonen der Komfortzone auf. Die „Verblödung“ des Homo Sapiens durch das technologiegetriebene Einlullen ist eine der größten Gefahren des Fortschritts. Zeitgleich gewinnt künstliche Intelligenz zunehmend an Macht. Auch hier gibt es eine Analogie zum Bild. Eva wirkt sehr menschlich, ist aber bei näherer Betrachtung ein Cyborg. Man weiß nicht ganz, ob man ihr trauen kann. Doch ihr attraktives Antlitz lässt schnell die Bedenken schwinden und man möchte doch den Apfel aus ihrer Hand annehmen.
Im Hintergrund erkennen wir eine weitere Metapher. Aus der Skyline einer Smart City ragt ein Monument hervor. Mächtig und weit in den Himmel hinauf gebaut ist der Megatower, eine Analogie zum Turm von Babel. Damals wollten die Menschen auf Augenhöhe mit Gott sein und bauten einen mächtigen Turm bis in den Himmel hinauf. Ähnlich kann es uns heute vorkommen, wenn an Humangenetik experimentiert wird und wir intelligente Technologien in unsere Körper verpflanzen. Zu Zeiten Babylons hat Gott die Sprachverwirrung ausgelöst, um den Bau zu stoppen. Die Menschen konnten sich nicht mehr verstehen und das Projekt war gescheitert. Immer wieder kommt es mir auch heute so vor, als wäre die Babylonische Sprachverwirrung allgegenwärtig. Immer komplexer werdende Systeme müssen sich verstehen und die End-to-End Kommunikation steht einem Wildwuchs verschiedener Standards und Protokolle gegenüber. Abgesehen vom technischen Smalltalk der Maschinen ist auch das Bewusstsein des eigentlichen Nutznießers des Fortschritts nicht immer auf Augenhöhe mit dem technologischen Werteversprechen.
Die Farbkomposition des Bildes besteht Großteils aus kalten, metallischen Pigmenten. Die weichen Pastelltöne verpassen dem Bild Eleganz und eine leicht romantische Stimmung. Genauso romantisch wie wir die Digitalisierung oft selbst wahrnehmen.
Das Bild soll durchaus ein kritisches Statement zur Reflexion setzen, die ganze Sache jedoch nicht verteufeln. Intelligente Innovationen haben uns in vielen Lebensbereichen enorme Erleichterungen gebracht. Bei allen technologieverliebten Erfindungen sollten wir jedoch stets über die jeweilige Gebrauchsanleitung verfügen, um wirklich das Menschsein in den Mittelpunkt stellen zu können.
„Verführung“ – Acryl auf Leinen 100x80cm
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